
Mindestens einmal im Jahr kommt diese Sehnsucht in uns hoch. Die Sehnsucht nach Strand, Meer und unendlicher Weite. Dieses Gefühl von Schwerelosigkeit und dem grenzenlosen Sein habe ich tatsächlich fast nur am Meer. Auch wenn mich immer mal wieder die Berge in ihre Höhen rufen, so kann ich doch am besten an wilden Stränden durchatmen.
Ob es Carla genauso geht? Eigentlich darf ich mir ja nicht anmaßen für sie zu sprechen. Doch ich bin mir ziemlich sicher, dass es ihr am Strand genauso gut geht wie mir. Kann sie doch bei unseren morgendlichen Spaziergängen entlang der Wellen frei laufen, halbherzig den Möwen oder Strandläufern hinterher jagen oder ihrer absoluten Lieblingsbeschäftigung nachgehen – dem sich Sphinx-artig in den Sand legen.
Wie wahrscheinlich viele Hunde auch, liebt es Madame Carla sich mit Sicht aufs Meer an den Strand zu platzieren. Ihr Blick dabei – absolut köstlich. Als würde sie mir sagen: „Aaaaaah, hier bleibe ich. Ich bleibe hier für immer liegen. Es ist einfach so fantastisch weich.“ Sie scheint ihre Vorderpfoten dabei auch ganz bewusst und absolut genießerisch in den Sand zu graben. Auf mein Weiterlaufen und Rufen reagiert sie dann fast gar nicht mehr, schaut mir lediglich genervt bis phlegmatisch nach. Wie kann ich es mir auch erlauben, sie aus diesem paradiesischen Zustand abrufen zu wollen? Unerhört.
Doch an welchen Stränden liegt Carla nun am liebsten? Wohin treibt uns fast schon regelmäßig die steife Brise? Auf jeden Fall war, ist und wird es immer ein Hideaway an der Ostsee sein. So toll die Nordsee mit all ihren ostfriesischen Inseln und der Ebbe und der Flut auch ist, wir sind Kinder der Ostsee.
Am liebsten und am häufigsten zieht es uns allerdings auf die Halbinsel Fischland-Darß- Zingst nach Ahrenshoop. Die ehemalige Künstlerkolonie mit ihren vielen kleinen Reetdachkaten, der hohen Düne und der direkten Nähe zum Bodden als Binnengewässer, machen den Ort für uns so wundervoll. Auch wenn der Tourismus auf dem schmalen Landstück von Ahrenshoop bis Zingst in den letzten Jahren stark zugenommen hat, fühlt man hier oben noch diese Unbeschwertheit und Ursprünglichkeit. Keine großen Bettenburgen, keine übertriebene Schickeria. Denn die Gemeinden auf dem Darß tun viel dafür Tradition und Moderne zu vereinen, ohne dabei ihr größtes Kapital zu zerstören – die wilde Landschaft.
Spätestens am Weststrand spürt man den ganz besonderen Spirit der Region. Auf 14 Kilometern erstreckt er sich entlang des Darßer Waldes, der zum Nationalpark „Vorpommersche Boddenlandschaft“ gehört. Nur zu Fuß oder mit dem Fahrrad ist dieser entlegene Ort zu erreichen – was ihn nur noch interessanter und fantastischer macht. Hat man den Weg durch den Wald einmal geschafft, eröffnet sich ein Bild das einfach nur wahnsinnig schön ist. Fast wie auf Sansibar. Eine unglaublich schöne wilde Weite. Ein wirkliches Hideaway.
Carla und ich lieben schon den Weg durch den Wald. Da alles Nationalpark und damit Naturschutzgebiet ist, dürfen sich Bäume und alle anderen Pflanzen so entwickeln wie sie es eben natürlicherweise tun. Hier und da liegt dann auch schon mal Totholz in der Gegend herum – alles irre interessant für Hundenasen. Und dann die vielen Gerüche der anderen Hunde: Toll! Doch das wirkliche Highlight und die Belohnung für den Marsch durchs Grün ist dann der erste Kontakt zu dem butterweichen, weißen Sand auf der Düne die zum Strand hinunter führt. Schon da könnte sich Carlinchen wahrscheinlich wieder genüsslich hin betten und einfach nur den Ausblick genießen. Doch wir wollen weiter. Entlang des endlos langen Strandes, immer in Richtung Darßer Ort. Alle Menschengruppen verlaufen sich hier in dieser weiten Idylle. Einfach herrlich. Findet dann irgendwann auch Carla, die hier wieder ohne Leine laufen darf und den süßen Geschmack der Freiheit voll auskostet. Sie springt um uns herum, dreht ihre Runden und ist einfach nur glücklich. Viele erzählten vom Lachen der Hunde. Ich hatte ehrlich gesagt lange meine Zweifel. Bis ich sie am Strand toben sah. Ja, es ist eindeutig: Hier oben an der Ostsee lacht sie. Groß und breit!
Nach all der Freiheit, dem weichen Sand und der Unbeschwertheit ist es dann auch umso schöner, das Ferienhaus oder das Apartment abends noch einmal zu verlassen und im Restaurant den ein oder anderen leckeren Happen zu verkosten. Madame Carla ist dann völlig zufrieden mit ihrer Welt, kringelt sich unter dem Tisch zusammen träumt schon wieder von Möwen und Stränden. Wenn man Glück hat, findet sich ein Tisch im sehr gemütlichen und traditionell maritimen Restaurant „Am Kiel“. Ein wirklicher Lieblingsort von uns, den wir nur wärmstens empfehlen können. Möchten wir allerdings die grenzenlos, freie Stimmung des Tages mitnehmen und weiterhin aufs Meer sehen können, dann MÜSSEN wir ins Restaurant „Weitblick“ im fünften Stock des „The Grand Ahrenshoop“. Auf der Terrasse hoch über dem Ort nimmt der Begriff „Sundowner“ dann noch mal eine ganz neue Dimension an. Auch wenn Carla dankend auf den Alkohol verzichtet, ist sie absolut entspannt und beseelt dabei – mit ihrer Nase immer im Wind.
Auch dieses Mal war unsere Woche, unsere Auszeit Ende September hier wieder ein absoluter Traum.
Selbst wenn die steigenden Besucherzahlen aufgrund der weltweiten Ausnahmesituation das kleine und enge Fischland-Darß teilweise an seine Grenzen zu bringen drohen, ist und bleibt es unser Zufluchtsort. Nirgends komme ich so schnell an wie in Ahrenshoop. Nirgendwo beobachte ich bei Carla so viel Begeisterung für einen „fremden“ Ort. Es ist ganz einfach unsere Heimat in der Ferne. Für Mensch und Hund.